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Gerhard (40 Jahre)

Also, mir war es immer super-peinlich, wenn ich meine Freundin zuhause anrufen wollte. Denn ich wusste, dass so gut wie jedes Mal entweder ihre Eltern oder ihre Schwester den Hörer abnahmen, und das war dann immer schon vorher mindestens so stressig für mich, wie wenn meine Freundin selbst drangekommen wäre. Und damit ich dann überhaupt erst etwas rausbekam und nicht nur heiße Luft,

hab ich meinen Spruch „Hallo, hier ist der Gerhard, ich möchte gerne die … sprechen!“ aufgenommen.

Und jedes Mal, wenn ich mit Aufnahmegerät zum Telefon ging, wusste meine ganze Familie, aha, der Gerhard ruft wieder seine Freundin an.

Da gab es dann auch schon mal Pannen, zum Beispiel, wenn ihre Eltern bzw. ihre Schwester dann nicht gleich verstanden haben, dass ich gerade dran war und dann nachfragten, WER ist dran? Dann stand ich dann völlig auf dem Schlauch und habe dann meist aufgelegt, weil ich dann sowieso kein Wort rausgebracht hätte und auch so schnell das Band nicht zurückspulen konnte.

Mich hat lange die Sorge fertig gemacht, wie ich denn überhaupt ein Mädchen kennen lernen sollte, wenn ich nie den Mund aufmache und auch nur unter großer Anstrengung und mit vielen Pausen sprechen konnte. Dann hab ich aber irgendwann gemerkt, dass der erste Kontakt auch mittels Blicken funktioniert. Und war dann total platt, als mich dann samstagnachts in der Disco ein Mädchen angesprochen hatte. Und als sie mich dann nach meinem Namen fragte, kam bei mir erst mal nur heiße Luft.

Ich habe dann in meiner Not gesagt, ich heiße Frank.

Was zwar nicht stimmt, aber Hauptsache war mir erst mal, dass sie mich nicht für blöd hält, weil ich nicht mal meinen Namen sagen kann.

Eine Woche später war sie dann meine Freundin, und ich habe sie „aufgeklärt“, ihr nämlich gesagt, dass ich Stotterer bin und nicht Frank heiße, sondern Gerhard. Und dass das für mich eine Notsituation war, weil es mir einfach total schwer fällt, meinen Vornamen und auch alle anderen Wörter, die mit g oder k anfangen, zu sprechen. Sie hat mich verstanden, und ich war so froh, dass das klar war! Und dass sie so interessiert zugehört hat.